Bruni, das Kalb von Rentierkuh Lennja, kam am Sonntagvormittag vor viereinhalb Wochen zur Welt. So konnte der ein oder andere Besucher das kleine Wunder der Natur „live und in Farbe“ miterleben. Als erfahrene Mutter machte Lennja ihre Sache sehr souverän. Fast genauso faszinierend zu beobachten, wie die Geburt an sich, waren die ersten Aufstehversuche des neugeborenen Kalbs. Kaum eine halbe Stunde alt, stemmte die Kleine bereits ihre langen, staksigen Beine in den Boden und drückte ihren Körper nach oben. Erst schaffte sie es nur wenige Sekunden, dann schon etwas länger und bereits beim dritten Versuch machte Bruni unter Lennjas wachsamen Augen ihre ersten noch unbeholfen wirkenden Schritte. Mit erstaunten Blicken konnten die anwesenden Besucher mitverfolgen, wie das weniger als eine Stunde alte Kalb von Minute zu Minute kräftiger wurde und in seinen Bemühungen nicht nachließ. Dabei wurde die für Menschen zugegebener Maßen berührende Szene auch von anderer Seite aufmerksam beobachtet. Der Rest der kleinen Salzburger Waldrentierherde, allen voran Hirsch Seppi, verfolgte das Ganze mit respektvollem Abstand, aber nicht weniger gebannt als die zweibeinigen Zuschauer.
So erstaunlich die Tatsache ist, dass ein kleines Lebewesen kurz nach der Geburt aufsteht und bereits neben seiner Mutter herläuft, so essenziell ist dieser Vorgang für das Überleben des Nachwuchses. Rentierkälber gehören zu den sogenannten Nestflüchtern. Bei Säugetieren werden sie auch Platzflüchter genannt. Das bedeutet, sie kommen mit funktionsfähigen Sinnesorgangen, einer gut entwickelten Motorik sowie einer Behaarung, die eine Temperaturregulation ermöglicht, zur Welt. Waldrentiere gehören zu der Familie der Hirsche und sind vor allem Grasfresser, zu deren natürlichen Feinden Wölfe, Vielfraße, Luchse und Bären gehören. Als Fluchttiere entziehen sie sich drohender Gefahr durch ihre Laufstärke. Zudem haben sie ihre Umgebung stets im Blick. Dabei ermöglichen die seitlich am Kopf sitzenden Augen eine nahezu komplette Rundumsicht. Um etwaige Räuber muss sich die kleine Herde im Zoo Salzburg keine Gedanken machen. Dennoch behalten sie ihre natürlichen Verhaltensweisen weitestgehend bei.
Zoo Salzburg, 07. Juli 2022