Klein, flink, aufgeweckt mit dunklem Gesicht, das von einer weißen Haarpracht umrandet wird, die an den österreichisch-ungarischen Komponisten Franz Liszt erinnert – daher der Name. Lisztaffen bestechen durch ihre auffällige Erscheinung und sind ebenso ungewöhnlich wie selten.
Wer das direkt neben dem Zoorestaurant liegende Tropenhaus betritt, wird sich sofort dabei ertappen, den grünen Hintergrund nach den kleinen Krallenaffen mit der windschnittigen Irokesenfrisur abzusuchen. Meistens müssen Besucher den Blick nicht lange schweifen lassen, denn die muntere Junggesellentruppe, bestehend aus Tamino, Jumper und Diego, hat vor Menschen keine Scheu. Was Besucher angesichts des idyllisch anmutenden Anblicks jedoch nicht ahnen: Die ausschließlich im Nordwesten Kolumbiens beheimateten Lisztaffen sind laut Roter Liste der Weltnaturschutzunion „vom Aussterben bedroht“. So sind in freier Wildbahn, sprich, in den Regenwäldern sowie trockeneren Waldformen an der Karibikküste des südamerikanischen Landes, nur noch 6000 Exemplare und davon etwa 2000 ausgewachsene Individuen zu finden.
Damit sind die auch, als Symbol Kolumbiens bezeichneten, Neuweltaffen in großer Gefahr und gelten als eine der am stärksten bedrohten Primatenart der Welt, wofür – man mag es ahnen – der Mensch verantwortlich ist. In den 60er Jahren sowie bis Mitte der 70er Jahre wurden bis zu 40.000 Lisztaffen gefangen und an US-amerikanische Tierversuchslabore verkauft. Nach Angaben der 1985 gegründeten kolumbianischen Artenschutzorganisation Proyecto Tití (Projekt Tamarin) wurden die, mit einer Kopf-Rumpflänge von 20 bis 26 Zentimetern zu den kleinsten Primaten zählenden, Lisztaffen bereits 1973 als gefährdet eingestuft und der Handel und Export durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) reglementiert. Heute sind Handel und Export der in sozialen Gruppen von drei bis neun Exemplaren lebenden Krallenaffen verboten. Dennoch werden die streng geschützten Tiere weiterhin illegal gehandelt und beispielsweise als Haustiere gehalten. Auch wenn der Handel mit den vom Aussterben bedrohten Primaten dem Bestand der endemischen Tierart sicherlich zugesetzt hat, geht die größte Gefahr von der übermäßigen Zerstörung ihres Lebensraumes durch Waldrodungen aus. Diversen Quellen zufolge haben sie bereits bis zu 98 Prozent ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes verloren.
All diese Fakten machen deutlich, wie wichtig es ist, Lisztaffen als Botschafter ihrer Art im Zoo zu zeigen und die Hintergründe über ihre Situation in freier Wildbahn genau zu beleuchten.
Wer beim Lesen Lust auf einen Besuch von Tamino, Jumper und Diego im Tropenhaus bekommen hat, sollte diesen zeitnah einplanen. Da das Tropenhaus saniert wird und die drei Lisztaffen 2022 ein neues Zuhause bekommen, werden sie eine Zeit lang nicht zu sehen sein.
Fotocredit: Zoo Salzburg | Reinhold Schiemer
Zoo Salzburg, 20. Jänner 2022