Eine außergewöhnliche Beziehung

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„Schau mal Mama, ein Löwe als Haustier! Der sitzt sogar im Bus.“ Begeistert zeigt eine etwa fünfjährige Zoobesucherin mit dem Finger auf das, an der Mauer gegenüber der Mähnenwolfanlage hängende, Schwarzweiß-Bild der vor 60 Jahren in Salzburg lebenden Löwin Sugar. Mit ebenso erstaunten wie leuchtenden Augen betrachtet die Kleine nun das Foto, das den Bäckermeister Hans Holztrattner Wange an Wange mit der ausgewachsenen Löwin zeigt. Genauso beeindruckend, wie die Erscheinung der beiden, ist auch deren Geschichte. 

Als der junge Hans Holztrattner in einer Illustrierten vom besiegelten Schicksal des „überschüssigen“ Löwennachwuchses in Zoos las, stand für den jungen Salzburger Bäckermeister fest, dass er eines dieser Löwenbabys retten wolle. So kam am 22. Jänner 1961 die zwei Monate alte Löwendame Sugar aus Limburg an der Lahn in Salzburg an und schlief fortan bei ihm im Bett. Außerdem unternahm der junge Mann mit der Löwin regelmäßig Ausflüge. In seinem Buch „Gnigler Geschichten“ schrieb Hans Holztrattner, dass anfänglich kein Mensch von der Löwin Notiz nahm, da wohl jeder dachte, es handle sich um einen Hund.
 
Mit den Wochen und Monaten änderte sich das natürlich und die Menschen um Sugar herum nahmen sehr wohl von der Löwin Notiz, außerdem wurde er mehrfach angezeigt. Hans Holztrattner berichtete: „Ich wurde zu einer Strafe von 500 Schilling verurteilt. Die Auflage: Entweder einen Zwinger zu bauen oder Sugar anzuketten.“ Weil seine Mutter mit dem damaligen Zoodirektor Heinrich Windischbauer bekannt war, stattete dieser dem Bäckermeister einen Besuch ab und schlug dem Löwenbesitzer vor, Sugar im Zoo zu präsentieren.

Zunächst war Hans Holztrattner wenig begeistert von der Idee. Weil der Bäckermeister jedoch die vom Gericht verordneten Auflagen erfüllen musste, lebte Sugar ab Ende Oktober 1961 mit den Leoparden Wastl und Buschi in einem Gehege. Hans Holztrattner blieb jedoch Eigentümer von Sugar und bekam einen Zentralschlüssel für den Tiergarten, so dass er Sugar jederzeit besuchen konnte. Nachdem ihm Angst vor großen Raubkatzen gänzlich fremd war, freundete sich Hans Holztrattner auch mit den zwei Leoparden an. Als Sugar ausgewachsen war, wurde für sie ein männlicher Löwe dazu gekauft, den sie nach wenigen Tagen tötete. Also besorgte der Zoodirektor einen neuen Löwen. Hans Holztrattner erinnert sich: „Sein Name war Cäsar. Und er gab sich auch so. Nach schweren Rangordnungskämpfen zeigte er Sugar, wo es lang ging.“ Bald wurde Sugar trächtig, aber laut Hans Holztrattner hatte sie ein zu enges Becken und konnte die zwei Jungen nicht bekommen. „Da man die genaue Tragezeit nicht kannte, wartete man zu lange, um einen Kaiserschnitt zu machen. Als man sich dann dazu entschloss, war es zu spät. Sie starb an einer Sepsis am 5. August 1965.“

Fotohinweis: Stadtarchiv Salzburg / Fotosammlung Johann Barth, Zoo Salzburg


Zoo Salzburg, 17. September 2021

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